Montag, 8. November 2010

Jobmotor Zeitarbeit

von Axel Schrinner

DÜSSELDORF. Mit sinkender Arbeitslosigkeit wachsen die Probleme der Wirtschaft, qualifiziertes Personal zu finden. Inzwischen klagen schon 27 Prozent der mittelständischen Unternehmen über Fachkräftemangel, heißt es in einer DZ-Bank-Studie. Große Unternehmen seien weit stärker betroffen als kleinere. Der Fachkräftemangel ziehe sich durch alle Branchen; am schlimmsten sei die Lage in der Metall- und Elektroindustrie und auf dem Bau. Insgesamt sei die Lage deutlich prekärer als vor fünf Jahren, so die Studie.

Dazu passend meldete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag, dass nicht nur die Zahl der Arbeitslosen auf 2,945 Millionen gesunken ist, sondern auch die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland ein neues Allzeithoch erreicht hat. „Der Arbeitsmarkt profitiert von der guten Konjunktur“, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise.

Die positive Entwicklung zeige sich auch im Rückgang bei der Kurzarbeit: Nach den jüngsten Daten vom August wurde nur noch an 173 000 Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt – das ist etwa ein Zehntel der bisherigen Höchstmarke im Mai 2009. „Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch“, betonte Weise.

Tatsächlich ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen höher als vor einem Jahr. Nur: Deutlich mehr Jobs gibt es vor allem in der Zeitarbeit mit einem Plus von 33,7 Prozent. Im Gesundheits- und Sozialwesen stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 3,5 Prozent und in wirtschaftlichen Dienstleistungen ohne Zeitarbeit um 2,9 Prozent. Nur im verarbeitenden Gewerbe war die Beschäftigtenzahl um 53 000 niedriger als im Vorjahr.

Wie passt das zu den Klagen der Industrie über Fachkräftemangel? Für Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstitut IMK ist der Fall klar: „Die Wirtschaft will die Fachkräfte zum selben Preis wie in der Krise. Doch wenn etwas knapp ist, muss der Preis steigen; in diesem Fall ist das der Lohn“, sagte Horn. Und dies beklagten die Unternehmen eben.

Zudem legen die Daten der Bundesagentur nahe, dass in der Industrie der Trend anhält, einfache Arbeitsplätze abzubauen und die Jobs durch Zeitarbeiter erledigen zu lassen. DGB-Vorstand Claus Matecki nennt dies „Missbrauch der Leiharbeit“. Ende des Jahres dürfte es mehr als eine Million Leiharbeiter geben, schätzt der Gewerkschaftsbund. Dagegen sehen die Arbeitgeber in der Zeitarbeit vor allem die Chance für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose auf einen Einstieg in den Arbeitsmarkt.

Kein Ende des Jobwunders in Sicht

Gleichzeitig gilt die Zeitarbeit aber auch als Frühindikator für die künftige Entwicklung des Arbeitsmarkts: In der Frühphase eines Konjunkturaufschwungs fragen die Unternehmen erst einmal mehr Zeitarbeiter nach. Je mehr die Konjunktur dann Fahrt aufnimmt, desto stärker schiebt sich allmählich die Nachfrage nach neuem Stammpersonal in den Vordergrund.

Wenn diese Mechanik tatsächlich funktionieren sollte, dann stünden dem deutschen Arbeitsmarkt die rosigsten Zeiten erst noch bevor. Denn in der Stellenstatistik der BA gibt es zurzeit beachtliche Parallelen zum Aufschwungjahr 2007: Nach längerer Flaute steigt der Anteil der Zeitarbeitsstellen an der Gesamtzahl aller neuen Jobofferten wieder kräftig an.

Und auch die harten Daten signalisieren kein Ende des Jobwunders. Laut BA gab es zuletzt 401 000 freie Arbeitsstellen, von denen 88 Prozent sofort zu besetzen waren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutete dies ein Plus von 103 000 freien Stellen. Der BA-Stellenindex BA-X lag mit 143 Punkten um 32 Punkte über dem Niveau des Vorjahres und zudem um zwei Punkte über dem Niveau vor Ausbruch der weltweiten Wirtschaftskrise. Der BA-X bildet saisonbereinigt die Nachfrage nach Arbeitskräften ab.

Das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) sieht nun sogar „Vollbeschäftigung in Reichweite“. Damit ein weiterer Abbau der Arbeitslosigkeit möglich werde, müssten qualifikatorische und regionale Ungleichgewichte bei der Arbeitslosigkeit weiter reduziert werden, sagte HWWI-Ökonom Michael Bräuninger. Dazu sei eine angemessene Lohnpolitik ebenso notwendig wie Verbesserungen bei Bildung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Laut BA-Forschungsinstitut IAB könnte bis 2020 ein ausgeglichener Arbeitsmarkt entstehen.

Für das Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist „die beispiellose Reallohnzurückhaltung“ vor der Krise für das Jobwunder verantwortlich. Diese habe die Arbeitsnachfrage „enorm angekurbelt“, sagte IfW-Arbeitsmarktexperte Jens Boysen-Hogrefe. Zudem hätten die „Reformen zwischen 2003 und 2005 Druck auf die Löhne ausgeübt, so dass die strukturelle Arbeitslosenquote sank“. Dagegen litten Länder mit hohen Lohnkostensteigerungen in früheren Jahren heute unter „merklichen Verwerfungen am Arbeitsmarkt“.
Quelle: Handelsblatt

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